Es war anders. Es war bunt. Es war lustig. Es schrieb Geschichte. Es war nicht ohne Pannen. Es fehlte so einiges. Und im Endeffekt fragten wir uns alle inständig, ob diese eine Nacht nicht die langersehnte Premiere eines sehr kontrovers diskutierten ethnischen Narratives war, welcher sich im Mantel eines 3 aktigen Dramas in bewegten Bildern in Millionen von Haushalten auf der ganzen Welt hüllte. Und das Beste daran? Wir alle waren seit Monaten und mithilfe unserer digitalen Stimmen unterbezahlte Komparsen, die von ihrem Glück bis zum Ende hin nichts wussten….

Teaser

Doch fangen wir einmal ganz von vorne an. Wir alle wussten, dass die 93.Oscarverleihung eine ganz Besondere werden wird. Nicht nur, weil sie wie jedes Jahr den Höhepunkt einer intensiven und eigentlich auch sehr kurzweiligen Awardseason darstellt, sondern auch, weil die Academy besonders in diesem Jahr durch ihr asynchrones Verhalten vor der Verleihung viele Gerüchte hat selbst aufkommen lassen. Gewöhnlich standen die Nominierten bereits einige Wochen nach den Golden Globes© Ende Januar fest, gefolgt von der Ankündigung eines oder mehrer Moderator*Innen, sowie bis spätestens Mitte Februar das Thema des Abends. Danach folgten fast täglich neue News bezüglich der prominenten Laudator*Innen. So weit. So gut. Doch all dies fiel dieses Jahr irgendwie weg und den cineastischen Anhängern wurde erst in der allerletzten Sekunde das letzte Fünkchen an Informationen serviert. Reichte ja nicht aus, dass wir dank Covid-19 nur einen Bruchteil aller nominierten Filme sehen konnten- an dieser Stelle sollte man alle VPNs zu Hulu und HBO Max heilig sprechen- und somit nicht der Pegel an sich, sondern allein seine Höhe im nächtlichen Oscarquiz hinterfragt werden musste. All das führte bis Mitte März 2021 zu einem mehrheitlichen Unbehagen und eigentlich hatten wir alle nach den vielen misslungenen Zuschalten der vorherigen Preisverleihungen, also falls es denn wirklich eine Zuschalte gab und nicht die Kuh in Tennesee mal wieder auf der hauseigenen Leitung stand, irgendwie auch keine Lust mehr auf ein Fremdschämen des Goldjungen in 2.0. Somit erreichte der Teaser dieses Spielfilms nur sehr wenige Klicks und die Engagement Rate auf den Distributionskanälen musste definitiv zunehmen. In diesem Fall wurden wir mit der Ankündigung einer neuen Location, einem völlig neuem Setdesign und einer Neuausrichtung im Ablauf gekapert. Der Slogan war „weg vom altehrwürdigen Dolby Theatre und hin zu einer die Welten verbindenden Union Station“. Vor allem der Outdoorbereich sollte dabei an einen Aufenthalt im „Garden of Allah“, einem Gemälde von Maxfield Parrish aus dem Jahre 1918, erinnern und den Slogan auch visuell neu interpretieren. Und ich meine, die ersten Skizzen sahen doch sehr vielversprechend aus, oder?

Doch mehr geschah leider nicht und den Fans blieb also nichts anderes übrig als am 26.04.2021 ab 00:40 Uhr deutscher Zeit dem Trailerbombing des deutschen Haussenders Pro7 und seinem amerikanischen Schwesterkinder ABC in einer Art Pre-Show beizuwohnen und einfach dann keine Chance mehr auf ein Wegschalten zu haben….

Trailer

Als fleißige Social Media Follower habt ihr ja bereits während unseres „Filmnächte Oscar Special“ erfahren, dass dieser rote Teppich, die wohl wichtigste PR-Veranstaltung vor der eigentlichen Verleihung ist. Es wird nicht nur darauf geachtet, von wem das Kleid und der Schmuck stammt oder wen man als sein ganz persönliches Eyecandy an der Hand über den Roten Teppich führt, nein, es geht hier vielmehr darum vor der internationalen Presse Sympathiepunkte zu sammeln. Es ist völlig egal wie du arbeitest oder welchen Eindruck du bei deinen Kolleg*Innen hinterlässt, auf dem Roten Teppich sind wir alle ein Team, eine große Familie und eine Front, über der seit vielen Jahren eine Vielzahl an Hashtags zur verbalen Auspeitschen eines eingerosteten Systems hängt. Die letzten Jahre hatte man durch die Größe und die zugelassene Masse der Menschen am Roten Teppich dieses Auspeitschen mit seinem eigenen Verhalten vorzuführen oder vielleicht doch dem Bemühen der Academy Tribut zu zollen. Dieses Jahr war es dahingehend besonders spannend, weil sich 1. insgesamt nur rund 170 Nominierte und Laudator*Innen in der ganzen Location aufhalten durften, 2. weil es keine „Red Carpet Lanes“ zum Verstecken oder schnellen Hindurchlaufen gab und weil 3. auch insgesamt nur 12 internationale Presseteams am roten Teppich standen und man so zwar selektiver, aber auch viel empathischer, agieren musste.

Mein persönliches Highlight war in diesem Zusammenhang das Aufeinandertreffen von Leslie Odom Jr. und Glenn Close. Ich meine, c´mon! Alexander Burr aus „Hamilton“ trifft auf Nora Desmond aus „Sunset Boulevard“– also wenn das keine theatralisch/ musikalische Explosion darstellt, dann weiß ich auch nicht. Die beiden kannten sich aus früheren New Yorker Theatertagen und so wirkte es weder gekünselt noch gespielt, sondern mit sehr viel Respekt und in enorm ehrlicher Anerkennung der gegenseitigen Leistung. Ganz anders und vor allem sehr befremdlich fand ich dagegen das Aufeinandertreffen von Carey Mulligan und und Vanessa Kirby. Beide für ihre sehr guten Leistungen in der Kategorie der „besten Hauptdarstellerin“ nominiert, versuchte unser deutsches Pendant Steven Gätjen sich den eigenen Wunsch eines Interviews mit Vanessa Kirby zu erfüllen und gleichzeitig mit aller Macht einen ähnlich schönen Moment zwischen diesen beiden zu (er)schaffen, wie es zwischen Leslie und Glenn der Zufall wollte. Vergebens und mit Verlust vieler Sympathiepunkte seitens Vanessa Kirby muss ich ehrlich zugeben.

Und was nehmen wir sonst noch von der eigentlichen Reizüberflutung, auch genannt Red Carpet, mit? Kaum Interviews und gefühlt war der gesamte Teppich eine komplette „Fast Lane“. Ganz zu schweigen vom UnSATZ des Abends. „Yes, I will come back later!“ und Zack- vollends in der Location verschwunden. Es gab vergleichsweise wenig wirkliche Fashionmomente und man muss auch ehrlicherweise zugeben, dass niemand an den zeitlosen Glamour einer Charlize Theron oder der Exotik einer Cher rankommt. Dennoch wissen wir, dass ALLES im Bereich des Kinos eines Weile braucht, um vollkommen verstanden zu werden. Und so passiert es auch, dass, wenn wir uns einige Kleider und Anzüge im Nachgang der Verleihung noch einmal ganz genau anschauen und ordentlich Recherche betreiben, wir feststellen, dass jedes einzelne von Ihnen bedeutungsvoller und intimer als jemals zuvor war. Amanda Seyfried trug ein Kleid von Armani Privé, welches den Glanz des alten Hollywoods wieder zum strahlen brachte und welcher für sie der Auslöser ihrer Schauspielkarriere war. H.E.R. trug einen Cape-Look von Dundas, der an das Oscaroutfit ihres Vorbilds Prince von 1985 erinnern sollte, in dem Jahr als „Purple Rain“ einen Oscar als „Bester Song“ erhielt. Und der zweifache Oscranominiée Leslie Odom Jr. trug einen goldenen Anzug von Brioni, dessen Farbe ein leuchtendes Symbol der mehrfach vertretenen schwarzen Community im diesjährigen Oscarrennen und der sich verändernden Filmwelt darstellen sollte- „Vanity Fair Oscar Portrait Studio 2021“:

Der Trailer, in welchem wir uns nunmehr seit einigen Absätzen befinden, gibt jedem potentiellen Kinobesucher bereits in den heimischen 4 Wänden ein erstes Gefühl für all das was auf ihn zukommt. Wir entscheiden uns danach ganz individuell für oder gegen diese absolut nachvollziehbare Geldanlage, auch Kinokarte genannt. Und so hieß es ab 02:00 Uhr deutscher Zeit- Licht?Ja.Kamera?Ja.Action! und das Drama-oh Pardon- ich meine natürlich die Verleihung- nach einem Vorbild von Aristoteles und produziert vom Pandemieexperten Steven Soderbergh nahm in 3 konkurrierenden Akten unweigerlich seinen Lauf.

Akt 1

Im 1. Akt eines Regeldramas werden alle (zu) handelnden Personen vorgestellt und der dramatische Konflikt kündigt sich an. In unserem speziellen Fall wurden die unterschiedlichen Rollen der zu handelnden Personen den angekündigten Laudator*Innen zugeschrieben. Denn wer sonst kann eine filmische Handlung so ins Schwanken bringen, wie die Laudotr*Innen, die mit ihrer Verkündung alle vorherigen Prognosen auf den Kopf stellen. Vorgestellt wurden all diese Atlanten durch einen inszenierten Vorspann, in dem sich Regina King in einem epischen Walk, inklusive Oscarstatue in ihrer rechten Hand, aus dem „Garten von Allah“ in die eigentliche Location in der Union Station aufmachte und einerseits für den gekonnten Umgang mit ihrem Kleid und dem meiner Meinung nach sehr sympathischen Stolperer am Ende des Walks sicher von Heidi Klum ein Ticket für die Top 10 bekommen hätte. Wenn nicht, wäre sicher auch in Starlight Express noch eine Rolle für sie frei gewesen….

Im Anschluss daran übernahm Regina King die Aufgabe der altbekannten Moderatorin und begrüßte die 170 Nominierten zu Beginn der knapp 3 stündigen Show mit einer Rede, die zwar sehr wenig persönliche Emotionalität zeigte, aber den Nagel auf den Kopf traf. Denn ja, es gibt zum jetzigen Zeitpunkt und in dieser einen Welt sicher Wichtigeres als den heutigen Abend. Aber er soll uns helfen nicht die Balance und vor allem nicht das zu verlieren, was uns zu dem gemacht hat, das wir heute sind. Und ja, es ist absolut korrekt, dass in der Welt der Filmschaffenden der Oscar, seine meist überdimensionierte Inszenierung und alle Diskussionen, die danach noch über Monate hinweg geführt werden, einfach dazu gehören. Es ist Teil eines Gesamtkonstruktes und alleine die Tatsache, dass ich dieser Thematik einen ganzen Blogbeitrag widme, zeigt doch eigentlich schon, dass die Macher ihr Ziel absolut nicht verfehlt haben.

Ich möchte es an dieser Stelle vermeiden euch jetzt jeden einzelnen Gewinner des Abends vorzustellen. Aber ich denke, ich werde in den verschiedenen Akten kurze Highlights ansprechen, die definitiv Geschichte geschrieben haben. Und so beginnen wir direkt mit der (chronologisch) ersten strahlenden Gewinnerin des Abends- Emerald Fennell. Sie gewann in der Kategorie „Bestes adaptiertes Drehbuch“ für „Promising Young Woman“ und hell yes, was war das bitte für eine unglaublich sympathische Rede? Nicht nur, dass die 35-jährige Britin zusammen mit Chloé Zhao als einzige Frau seit Kathryn Bigelows Sieg im Jahre 2009 überhaupt mal wieder in der Kategorie „Beste Regie“ nominiert war und so schon Oscargeschichte schrieb, nein, uns allen kam das Gesicht doch irgendwie bekannt vor, oder? Absolut korrekt. Hier sehen wir Camilla Parker-Bowles, welche in Episode 8 aus Staffel 3 der 39-fach für einen Emmy nominierten britischen Erfolgsserie „The Crown“ uns alle das erste Mal zwischen Freude und Hass verzweifeln ließ. Mit Tränen in den Augen sprach sie allen eingefleischten Cineasten aus der Seele, denn wer von uns hat nicht schon einmal unter der Dusche seine Oscarrede einstudiert und gemerkt, dass 90 Sekunden wirklich eine fast unmögliche Herausforderung zum ausschweifenden Danken ist. Doch auch das war dieses Jahr ein wenig anders. Es gab kein Live-Orchester, auch nicht wie sonst immer in einem anderen Gebäude. Nein. Nichts. Und durch die fehlende Orchesterbespielung, konnten die Gewinner*Innen während ihrer Dankesrede nicht ausgeblendet werden. Für viele Anwesende war das ein sehr verwirrender Umstand, aber ich persönlich fand, dass man selbst als Zuschauer so besser und eher gespannt bis zum Ende jeder einzelnen Rede lauschte, ohne direkt auch selbst Angst zu haben, dass man beim musikalischen Überspielen das Wichtigste der Rede verpasst. Ja, man kann fast sagen, dass es wortwörtlich zu mehr Ruhe in der Verleihung führte. Der Gewinn Fennells war für mich in jeglicher Hinsicht ein absolut verdienter Gewinn, denn Talent trifft hier auf den richtigen Charakter. Und sollten wir sie in Zukunft erst einmal eine Weile nicht vor oder hinter der Kamera arbeiten sehen, obvisouly aus mehreren Gründen, rate ich jedem sich ein Ticket für Andrew Lloyd Webers neu komponiertes Musical „Cinderella“ im Gillian Lynne Theatre im Londoner West End zu kaufen, denn da war bzw. ist Fennell für das Schreiben der vertonten Buchvorlage zuständig. An dieser Stelle noch ein kleiner Nerdalarm– dieses Musical wurde komplett neu komponiert und inszeniert und ist bitte nicht mit der 1957er Version von Rodgers & Hammerstein „Cinderella“ zu verwechseln, in welchem die göttliche Julie Andrews die Hauptrolle spielte.

Akt 2

Im 2.Akt eines Regeldramas liegt der gesamte Fokus der Handlung auf der Verschärfung der Gesamtsituation und der Steigerung der Handlung bis zum erregenden Finalmoment in Akt 3. In unserem Fall haben wir hier im 2.Akt so einige Momente zu nennen, die exakt diesem zu erwartenden Schema entsprechen. Zu aller erst wäre da der historische Oscargewinn von Chloé Zhao in der Kategorie „Beste Regie“. Nicht nur schrieb die Nominierung an sich neben einer weiteren von Emerald Fennell in derselben Kategorie Geschichte, nein, auch so war die 30-jährige Chinesin die erste „Woman of Colour“ die diesen Preis gewann. Und seien wir doch mal ehrlich, was können wir in diesem Zusammenhang von den derzeit erfolgreichsten Frauen in der Filmindustrie lernen? Bodenständigkeit. Denn Fennell, als auch Zhao, trugen unter ihren Kleidern Sneaker. Optisch kann man somit nicht noch mehr auf den starren Dresscode dieser Verleihung s****. Apropos…kommen wir in diesem Zusammenhang zu einem der, meiner Meinung nach, 2 größten Arschlochmomente des Abends- der Übergabe des sogenannten „Jean Hersholt Humanitatian Award“. Als respektable Auszeichnung aller sich in der Filmindustrie über das reine Filme machen hinaus engagierenden Menschen, soll dieser Award für Aufmerksamkeit bezüglich eines ganz individuellen humanitären Engagements sorgen. Nehmen wir also einen Bryan Cranston in einem nagelneuen Smoking, der in einem verlassenen Dolby Theatre auf, vor allem derzeit durch Covid-19 von der Außenwelt abgeschnittene, ehemalige Filmschaffende verweist, die ihren letzten Abend aufgrund einer jahrzehntelangen hauptsächlich migartionsbedingten Unterbezahlung auf die Hilfe des Motion Picture & Television Fund, „MPFT“, angewiesen sind. Egal ob bezüglich eines altersgerechten Wohnsitzes oder etwaiger sozialer bzw. finanzieller Leistungen. Die „MPFT“ kümmert sich um ihr Netzwerk an Filmschaffenden bis ins hohe Alter. So die Theorie. An sich ist das natürlich eine schöne Geste, jedoch frage ich mich ernsthaft, wie es 1. überhaupt so weit kommt, dass man Filmschaffende so sehr unterstützen muss und 2. fand ich die Inszenierung der Übergabe absolut daneben und von oben herab. Gilt der Dresscode nicht für alle? Ach nein, Normalsterbliche in dieser Branche werden weder gesponsert, noch können sie sich einen Smoking oder Abendkleid im 4stelligen Bereich leisten. Schade. Die Idee war vielleicht gut, der Rest dahinter aber absoluter Müll. Und ja, meinen Recherchen zufolge wird dieser Award in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder verliehen, wenn die Not am größten und das Ego der Academy am leisten war. Aber bis dato war er kein prominenter Teil der Oscarverleihung.

Womit wir auch schon beim 2. Arschlochmoment des Abends wären- „In Memorian“. Grundsätzlich finde ich es überhaupt nicht verhandelbar, dass in einer so denkwürdigen Verleihung verstorbene Filmschaffende NICHT gewürdigt werden. Die letzten Jahre war dieser Moment immer einer der Emotionalsten, begleitet von einer Live-Performance, die wirklich jeden Zuschauer zum Weinen brachte. Doch als Angela Basset ihre Rede über mehr als 3 Millionen Tote weltweit begann, wurde mir irgendwie klar, dass diese Form der Würdigung dieses Jahr eine absolut Falsche werden würde. Nicht nur hatte ich das Gefühl, dass sich mit dieser Aktion die Filmindustrie wieder einmal über alles stellt, nein, vor allem die musikalische Untermalung war unpassend, genau wie das Tempo. Blinzelte man einmal kurz, waren Christopher Plummer, Helen McCrory und Ennio Morricone direkt schon durchs Bild gezischt. Ich kann es ehrlich nicht genau sagen und vielleicht war genau dieser Moment der eingangs von Regina King erwähnte Balanceakt im bekannten Gesamtkonstrukt, der vor allem in Hinblick auf ein Leben nach Covid-19 so wichtig ist. Aber nein, pietätvoll wäre sicher etwas anderes gewesen…. Apropos musikalische Untermalung….klingelt da was bei euch? Nein? Bei mir auch nicht, denn es gab ja keine richtige Untermalung. Ok, der amerikanische Schlagzeuger und Produzent Ahmir Khalib Thompson, auch bekannt als „?estlove“, sollte zusammen mit seiner Hip-Hop-Band „The Roots“, bekannt aus der Late Night-Show von Jimmy Fallon, speziell für diesen Abend mit eigens komponierten Sounds für unverwechselbare Momente sorgen. Doch hieß das von Anfang an, dass wir auf Gänsehautmomente durch Live-Performances verzichten müssen? Wo waren die Nominierten in der Kategorie „Bester Song“? Im Vorfeld der Verleihung wussten wir ja, dass alle Songs dieser Kategorie bereits in unterschiedliche Locations live aufgenommen wurden. Und so dachte jeder Zuschauer, dass diese Aufzeichnung dann in der Show gezeigt werden würden. Aber nein. Einzig und allein der Auftritt von Leslie Odom Jr. mit seinem Song „Speak Now“ aus dem Film „One Night in Miami“ wurde als Teil der ABC Pre-Show dem amerikanischen Publikum exklusiv gezeigt. Eine unschöne Entscheidung, die einen großen Schatten über die Qualität der 93. Oscarverleihung wirft.

Und nein, da kann auch die epische „Da Butt“-Einlage von der leider größten Verliererin des Abends Glenn Close, welche von 8 Nominierungen in ihrer gesamten Schauspielkarriere unverständlicherweise noch keinen einzigen Goldjungen mit nach Hause nehmen konnte, auch nichts mehr rausreißen. Somit sehe ich es als meine Aufgabe, euch zumindest meine diesjährigen „Bester Song“ Favoriten „Husavik“ aus dem Film „Eurovision Song Contest“ mit Rachel McAdams und Will Ferrell etwas näher zu bringen. Also, klick and enjoy und ja, das im Hintergrund sind echte Polarlichter!

https://www.youtube.com/watch?v=bzjnB5Y__Jg

Ich denke wir sind jetzt am richtigen Punkt angekommen, um über den eigentlichen Höhepunkt dieser Verleihung zu sprechen…

Akt 3

Im 3.Akt eines Regeldramas befinden wir uns auf dem Höhepunkt der Handlung. Es ist der Punkt über den jeder Zuschauer noch lange nach dem Beenden der Geschichte sprechen wird. Und was wäre hierbei passender als die Preisvergabe in der Kategorie „Bester Film“. Eigentlich war uns allen der Sieger klar, aber als dann doch wirklich „Nomadland“ gewann und wir ein La La Land-Gate ausschließen konnten, fühlten wir, dass gerade eben Geschichte geschrieben wurde. Nicht nur erhielt Chloé Zhao ihren 2.Oscar mit ihrer 2.Nominierung überhaupt, auch gab es uns ganz bewusst ein Gefühl von Freiheit. Die Freiheit Inhalte an die Spitze zu wählen, die ja, in dem einen Jahr sehr gesellschaftpolitsich sind, aber in einem anderen die Sehnsucht aller Cineasten nicht schöner hätte vereinen könnte. Und mit diesem Gefühl sollte man einen Spielfilm, wie es die 93.Oscarvelreihung auch sein sollte, getrost beenden. Als Zuschauer*Innen geht man jetzt aus dem Kinosaal und lässt alles erst einmal auf sich wirken. Man entscheidet ganz spontan, ob einem dieser Film gefallen hat oder nicht und ja, erst dann, denkt man über Special Effects, Musik oder eben zuletzt auch die Hauptdarsteller*in nach. Deshalb finde ich die Reihenfolge der Preisübergabe im diesjährigen Rahmen unfassbar intelligent gemacht und es hat tatsächlich vieles für mich unheimlich aufgewertet. Was aber danach passierte, hatte keiner so in seinen Büchern stehen.

Abspann

Im Abspann war so weder der Gewinn von Frances McDormand in der Kategorie „Beste Hauptdarstellerin“ für „Nomadland“ noch der von Sir Anthony Hopkins- ja, für den exakten Titel muss man schon noch Zeit finden- in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“ für „The Father“ absehbar. Es wurde einfach immer weiter Geschichte geschrieben und Frances McDormand erklimm neben Meryl Streep und direkt hinter Katharine Hepburn das Treppchen mit den meisten Oscargewinnen überhaupt. Aber nicht nur das, nein, sie ist bis dato die einzige Frau in der Oscargeschichte, die alle 3 Nominierungen direkt in Gewinne umwandeln konnte. Und Sir Anthony Hopkins? Ja, der ist mit seinen 83 Jahren der nun älteste Oscargewinner. Ich denke, da kann man ihm sein Verschlafen zur Verleihung mehr als nur verzeihen.

So Freunde der Sonne und was nehmen wir nun aus diesem ganz besonderen Abend mit? Für mich persönlich ist sehr vieles schief gelaufen, aber es gab auch genauso viele wunderschöne Momente. Dass wir in Zeiten einer Pandemie leben und somit bei vielem auch Abstriche machen müssen, ist uns allen nach über 1 Jahr mehr als klar. Aber dieser Umstand darf nicht als Entschuldigung für fehlende Kreativität missbraucht werden. Es war ein historischer Abend in vielerlei Hinsicht, was mich einerseits sehr gefreut und andererseits auch sehr stutzig gemacht hat. Wird die Academy dieses Level an Diversität auch die nächsten Jahre halten können? Ich meine den ersten sehr vagen Voraussagen zufolge, können wir uns auf ein sehr spannendes Kinojahr 2021/2022 freuen…oder um es mit den Worten von Frances McDormand zu sagen:

„[…] Please watch (our) movie(s) on the largest screen possible, And one day very, very soon, take everyone you know into a theater, shoulder to shoulder in that dark space and watch every film that’s represented here tonight. […]“

…denn darum geht es bei allem dem doch eigentlich auch nur. Um das Teilen einer gemeinsamen Liebe für die noch so kleinsten Geschichten unseres Lebens auf der großen Leinwand.

Anne Friedrich

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Filmnächte Tipps

Schließen